Adonis – wie er mutig doch das Mädchen rettet, von Robbenmäulern so umbettet sorgte für viel Ärger. Schildkröten waren stattdessen einmal angedacht gewesen, doch auch sie hätten wohl nichts am prüden Unmut der Residenzstädter geändert. Sie hielten das Bildnis schlichtweg für nicht angebracht. Auch die Stifterin selbst vergaß die anfängliche Euphorie sehr schnell und schloss sich der offiziellen Meinung der anderen an. Denn obendrein hieß es in einem Leserbrief an die Zeitung: „Schäm dich, Schwerin! (...) Nun ist die Keuschheit hin. O laßt mich weinen, Schwerin, du bist um deinen Ruf betrogen, oder es werden – Trost gibt’s weiter keinen – dem Denkmal Badehosen angezogen.“
Die nackten Figuren des Schweriner Künstlers Hugo Berwald sorgten direkt nach ihrer Aufstellung für Furore. An einem Felsenriff trägt ein kräftiger Mann eine nackte Frau aus dem Wasser. Umrahmt werden die beiden Protagonisten von vier Seehunden. Das war im Entwurf zunächst anders vorgesehen. Hugo Berwald wollte Schildkröten fertigen. Da man dies für Schwerin nicht als passend empfand, musste er umdenken. Und nicht nur die Darstellung brachte Kritik. Auch die 60.000 Mark, die der Brunnen kosten sollte, kamen nicht so gut an. Die Stifterin Emma Mühlenbruch hatte sich außerdem leicht bekleidete Figuren gewünscht... das sollte anders kommen.
Die feierliche Enthüllung hatte einen Aufschrei der Öffentlichkeit zur Folge. Nackte in der Residenzstadt? Das war für konservative Gemüter wohl zu viel. Zwar stimmt es nicht – wie einige Gerüchte behaupten – dass Emma Mühlenbruch in Ohnmacht gefallen war, aber ein Zeitungsartikel belegt: So hatte sie das Werk nicht in Auftrag gegeben – behauptete sie zumindest darin. Die lyrischen Zeilen aus dem Leserbrief enthielten spöttisch ja den Vorschlag, den Figuren „Badehosen anzuziehen“ – diesen setze man aber nicht um, stattdessen aber den ganzen Brunnen. Als Reichspräsident Paul Hindenburg bei einem Schwerin-Besuch das Erscheinungsbild des Marktes kritisierte, kam Bewegung in die Stadt. Im Juli 1927 wurde der Brunnen am Markt demontiert und schließlich vor dem Bahnhof wieder neu aufgebaut.
Der Künstler Hugo Berwald wurde am 10. Februar 1863 in Schwerin geboren und starb am 14. Februar 1937. Er absolvierte ein Studium an der Berliner Kunstakademie. 1887 schuf er ein Denkmal mit einer Büste des Großherzogs Friedrich Franz II für Neukloster – dadurch entstand eine enge Verbindung zum Schweriner Hof. Hugo Berwald bewarb sich schließlich um einen Aufenthalt in Rom, Großherzog Friedrich Franz III. urteilte positiv. Er fand, der Künstler eigne sich hervorragend für eine Unterstützung des Kunstministeriums. Er schuf größere Plastiken, aber auch Plaketten und Medaillen. Die gesellschaftspolitische Situation nach dem Ersten Weltkrieg stürzte den Künstler in eine finanzielle Krise. Völlig verschuldet kehrte er nach Schwerin zurück. Das Wohlfahrtsamt übernahm einen Teil der Schulden und gewährte Hugo Berwald eine kleine Ehrenpension.